Glyphosat – Schädlich oder esoterische Panikmache?

Pascal Pape

Glyphosat – Schädlich oder esoterische Panikmache?

Jahrelang galt das Herbizid Glyphosat als vollkommen unbedenklich und wurde großzügig über unsere Felder gespritzt. Doch mittlerweile steht Glyphosat heftig in der Kritik. 2015 erklärte die WHO öffentlich, dass Glyphosat „wahrscheinlich krebserregend“ ist.

Aus diesem Grund fordern Umwelt- und Verbraucherschützer ein sofortiges Verbot, in Deutschland wurden Petitionen gestartet und Unterschriften gesammelt. Dennoch wird das Thema Glyphosat bei unseren Politikern bis jetzt nur von Tisch zu Tisch geschoben. Und dann geschieht das Unglaubliche, zack, kommt auch schon eine neue Studie um die Ecke, die alle Bedenken wegpustet: „Glyphosat ist nun doch nicht mehr schädlich!“ Welch ein glücklicher Zeitpunkt.

Die Meinungen vieler Medien drehen sich erneut um 180° und die Bürger wissen mal wieder überhaupt nicht mehr, was sie noch glauben sollen. Ist Glyphosat wirklich so schädlich? Lohnt es sich, Bio zu kaufen? Zeit, etwas aufzuräumen.

Das böse Glyphosat – nur ein Märchen?

Vor ein paar Tagen bin ich über einen Artikel gestoßen, der ein wahres Wunderwerk an Propaganda ist und zeigt, wie man uns für doof verkaufen will. Anhand von vier Punkten wird erklärt, warum Glyphosat harmlos ist:

1) Esoterik, keine Wissenschaft:

Zunächst wird der Eindruck erweckt, sämtliche Aussagen gegen Glyphosat stammen von esoterischen Freaks, die sich nur von Lichtenergie ernähren. Die WHO gehört hier offensichtlich auch dazu.

2) Für Menschen harmlos:

Dann folgt gleich das wichtigste Argument: Glyphosat sei nur für Pflanzen schädlich und für Menschen ungefährlich. Dieses Argument stammt übrigens aus der Feder von Monsanto selbst, also dem Haupthersteller des Herbizids.

3) Akut nicht gefährlich:

Unterstrichen wird das mit Studien zur akuten Tödlichkeit an Ratten: Glyphosat sei vollkommen harmlos, selbst Kochsalz soll giftiger sein.

4) Glyphosat ist alternativlos, bio ist schlechter:

Um dann jedem Leser den Rest zu geben, wird das alles mit Bio-Alternativen verglichen und siehe da: Bio-Pflanzenschutzmittel sind sogar schlechter als das gute alte Glyphosat. Upps? Wir haben also eigentlich gar keine Alternative und sollten unbedingt weiterhin Glyphosat spritzen. Das tut nicht nur der Umwelt, sondern auch uns Menschen gut.

Am Schluss kommt dann noch ein Hinweis, von wem sich der Autor hat inspirieren lassen. Eine selbsternannte „Bio-Ketzerin“ und Cochrane. Glanzvoller hätte der Autor mein Vertrauen nicht gewinnen können.

Glyphosat ist akut wohl nicht giftig. Aber wie sieht es mit Langzeitfolgen aus?

„Glyphosat ist für Menschen unbedenklich“

Glyphosat tötet Pflanzen, indem es den sogenannten Shikimisäureweg unterbricht – ein Stoffwechselweg, der zur Synthese von essentiellen Aminosäuren führt. Doch tierische und menschliche Zellen nutzen diesen Weg gar nicht. Es gibt also nichts zu unterbrechen. Alles gut, alles fein?

Nicht ganz. Denn Bakterien verwenden ebenfalls den Shikimisäureweg und davon haben wir eine ganze Menge. Wo? In unserem Darm. Wie viele? Sehr viele. In uns befinden sich sogar weit mehr Bakterien als menschliche Zellen. Sind die wichtig? Aber hallo! Bakterien erfüllen enorm wichtige Aufgaben, unter anderem unterstützen sie unser Immunsystem, die Verdauung und die Produktion von Botenstoffen.

Wir wissen durch Studien zweifelsohne, dass Bakterien von Glyphosat angegriffen werden. Ob unsere Darmbakterien hiervon aus irgendeinem Grund nicht betroffen sein könnten, bleibt zwar bis heute ungeklärt, aber auch sehr unwahrscheinlich. Studien an Menschen untermauern das:

  • Kinder mit Zöliakie haben weniger Darmbakterien der Stämme Enterococcus, Lactobacillus und Bifidobacterium als gesunde Kinder. Das ist nicht ungewöhnlich, denn bei Zöliakie und vielen anderen Krankheiten, finden wir eine abnormale Darmflora.
  • Interessanterweise zeigte eine Studie, dass exakt diese Bakterien – Enterococcus, Lactobacillus und Bifidobacterium – am anfälligsten für Glyphosat sind.

Zufall? Unwahrscheinlich. Glyphosat könnte damit langfristig einen enormen Einfluss auf unsere Gesundheit haben, denn eine geschwächte Darmflora bedeutet auch ein geschwächtes Immunsystem und eine erhöhte Anfälligkeit für Krankheiten.

Glyphosat ist nicht ungefährlich für Bakterien – gute Darmbakterien schützen unseren Körper vor Krankheitserregern.

Glyphosat: Keine Langzeitfolgen?

Wie oben erwähnt, wird ein Vergleich mit „akut giftigen“ Substanzen gerne verwendet, um vom eigentlichen Thema abzulenken. Kurzfristig betrachtet sind selbst Zigaretten vollkommen ungefährlich oder schon mal jemanden gesehen, der nach einem Zug tot umgefallen ist? Doch wohl niemand würde heute noch behaupten, dass kein Langzeitrisiko besteht.

Hierdurch wird der Eindruck erweckt, dass von Glyphosat keinerlei mögliche Langzeitfolgen ausgehen. Studien zeigen etwas anderes: Es wurde nachgewiesen, dass Glyphosat die Wirkung des Enzyms Cytochrom P450 in Pflanzen UND Tieren hemmt.

Ohne hier die wissenschaftlichen Details auszugraben, P450 ist zuständig für die Entgiftung verschiedener Toxine und anderer schädlicher Substanzen. Es erfüllt außerdem viele weitere wichtige Aufgaben, darunter die Umwandlung von Vitamin D3 in der Leber.

Damit bildet auch das Cytochrom P450 ein wichtiges Standbein unseres Immunsystems. Hier ein Zitat der Studie zur Wirkung von Glyphosat:

„Der negative Einfluss auf den Körper ist heimtückisch und manifestiert sich langsam im Laufe der Zeit, indem Entzündungen Zellsysteme im gesamten Körper beschädigen.“

Warum wird Glyphosat nicht verboten?

Weil Studien widersprüchlich sind und die Politik hinter verschlossenen Türen stattfindet. Du hast richtig gehört. Bei der Regulierung von Pestiziden gibt es eine Vorgehensweise, die in jeder Wissenschaft zu akuten Brechreizen führen würde: Pestizidhersteller selbst liefern einen Großteil der Studien, diese Studien sind für die Öffentlichkeit aber zum Teil nicht einsehbar und auch jegliche Beurteilung findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.

Das ist als ob ein Waffenhersteller Studien zur Gefährlichkeit von Waffen machen dürfte. Wir Bürger sollen dennoch blind vertrauen, selbst Reporter oder die WHO kommen nicht an mehr Details. Eine unbemerkte Bestechung und die Manipulation von Höchstwerten ist deshalb ein Leichtes:

1) Kritische Studien werden niedergemacht

Man erklärt kritische Studien einfach als fehlerhaft oder nicht beweiskräftig und gewichtet den Rest höher, so entsteht ein verzerrtes Ergebnis. An sich macht es Sinn, jede Studie kritisch und die Umstände zu betrachten, das geschieht jedoch nicht immer objektiv. Wenn man nichts zu verbergen hat, stellt sich die Frage, warum es unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet?

2) Grenzwerte stets nur für Einzelwirkstoffe

Ich habe bereits häufiger betont, dass Landwirte natürlich verschiedene Pestizide mischen. Hieraus entsteht ein bunter Cocktail, dessen gefährliche Wirkung um ein Vielfaches höher ist. Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Stoffen werden jedoch gar nicht erst untersucht.

Doch damit noch nicht genug: Selbst in einem einzigen Herbizid-Produkt befindet sich kein isoliertes Glyphosat, sondern stets in Verbindung mit Stoffen, die dessen Wirkung erhöhen. Roundup ist das bekannte Endprodukt von Monsanto. Vergleicht man die schädliche Wirkung von Roundup mit dem von isoliertem Glyphosat, so ist diese um bis zu 125-mal stärker. So schien Glyphosat in Studien an Fröschen harmlos, doch Roundup brachte die kleinen Kerlchen ums Leben.

Roundup ist nicht Glyphosat. Auch diese Studien werden konsequent ignoriert.

Wichtige Studien finden bei der Festsetzung von Höchstwerten keine Beachtung. Pestizide so gut es geht zu vermeiden ist folglich die sicherste Lösung.

Aber sind Bio-Alternativen nicht noch schlimmer?

Wie können wir Verbraucher Glyphosat vermeiden? In einem Artikel heißt es: „Die letale Dosis von Kupfersulphat, das in der Bio-Landwirtschaft verwendet werden darf, ist deutlich geringer als die des gefürchteten Unkrautvernichtungsmittels von Monsanto.“ Also ist Bio sogar schlimmer?

Da kriegt man fast Angst, aber ich löse das mal kurz auf:

  • Kupfersulfat ist laut Studien für den Menschen ungefährlich, eigentlich ist Kupfer sogar ganz gut, die einzigen Bedenken beziehen sich auf die Natur.
  • Nach derzeitigen Studien, erhöht das bedachte Spritzen mit Kupfersulfat den Kupfer-Level im Boden und auch in Früchten nahezu nicht – ausschlaggebend sind andere Faktoren.
  • Gute Bio-Bauern und -Verbände arbeiten stets daran, Alternativen zu finden, um die Umwelt weiter zu schonen.

Puuh. Zeit zum Durchatmen. Doch warte, ein Argument fehlt:

Kupfersulfat ist gar keine Alternative zu Glyphosat. Glyphosat ist ein Herbizid und wird vor allem bei Getreide verwendet, Kupfersulfat ist ein Fungizid und kommt zum Beispiel bei Trauben zum Einsatz.

Glyphosat wird nur in der konventionellen Landwirtschaft verwendet, beim Bio-Anbau nicht. Kupfersulfat wird in beiden Fällen verwendet, doch in der konventionellen Landwirtschaft in deutlich höheren Mengen.

Irritierende, aber gern verwendete Propaganda: Der zusammenhanglose Vergleich von unterschiedlichen Stoffen.

Also auf zur alles entscheidenden Frage:

Gibt es eine Bio-Alternative zu Glyphosat?

Ja! Sie heißt… Achtung: Fleiß.

Die Alternative ist kein chemisches Mittel, sondern die mechanische Unkrautbekämpfung, so wie bei Oma im Garten, die übrigens auch kein Glyphosat hat. Das bedeutet Pflug, mehrere Arbeitsgänge, mehr Aufwand.

Diesen Aufwand muss dem Landwirt natürlich irgendjemand bezahlen. Das sind am Ende wir Verbraucher. Und das ist das eigentliche Problem, denn jeder in Deutschland hat Angst vor einer Preiserhöhung. Geiz ist immer noch geil, selbst bei Lebensmitteln, selbst bei der eigenen Gesundheit.

Die Frage, ob es das wert ist, muss jeder für sich selbst entscheiden – einige Studien sind öffentlich und habe ich hier erläutert.

Ich persönlich bin bereit, etwas mehr zu bezahlen, wenn ich dafür 0% Glyphosat im Essen habe. Wer auch in diesen Genuss kommen will, kann das schon heute tun. Wie? Ganz einfach: Bio kaufen. Denn hier sind synthetische Pestizide und Herbizide verboten und alle biologischen Alternativen werden viel strenger reguliert.

An dem prominenten Beispiel Glyphosat sieht man, wie irrational Entscheidungen und Richtlinien für Pestizide zustandekommen – auf Kosten unserer Gesundheit. Bio-Lebensmittel enthalten nachweislich nur einen Bruchteil an Pestiziden, im Vergleich zu konventionell angebauten. Das ist einer der Hauptgründe, die für ökologische Lebensmittel sprechen, egal ob pflanzlich oder tierisch.

Tipp 1:

Am stärksten verwendet wird Glyphosat übrigens beim Anbau von Soja und Getreide. Endprodukte aus diesen Rohstoffen (Sojamilch, Brot, Nudeln, … ) sollten deshalb unbedingt in Bio-Qualität gekauft oder so gut es geht vermieden werden. Gerade Getreide wird kurz vor der Ernte nochmal so richtig schön durchgespritzt.

Spannend ist übrigens, dass Glyphosat die Effekte einer Glutenunverträglichkeit scheinbar verschlimmern kann.

Tipp 2:

Tiere aus Massentierhaltung fressen tonnenweise Soja und Getreide. Muss ich noch mehr sagen?

Tipp 3:

Wer häufiger meine Artikel liest, weiß, dass ich jedem empfehle, die eigene Darmflora täglich zu stärken. Wir alle waren in der Vergangenheit zahlreichen Pestiziden ausgesetzt und ganz umgehen können wir sie einfach nicht. Das hat eine zum Teil unbekannte, zum großen Teil aber sehr eindeutige, Auswirkung auf unsere Gesundheit.

Leidtragende sind insbesondere unsere Bakterien oder unser Darm. Die Darmflora wird zerstört, „Löcher“ im Darm werden provoziert und das Immunsystem wird nachhaltig geschwächt. Wie Du Deinen Darm jeden Tag aktiv unterstützen kannst, erfährst Du in meinem Newsletter.

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